Big Data Integrationsansätze deutscher Fußball-Bundesligisten

Nachdem datengetriebene Entscheidungsprozesse in vielen Unternehmensbereichen zu einem wichtigen Instrument geworden sind, finden diese auch zunehmend Anwendung im Profisport. Insbesondere der Fußball wurde allerdings bisher stark von Intuition und individuellen Gefühlsentscheidungen der handelnden Personen bestimmt. Heute finden jedoch in vielen Vereinen Bemühungen zur umfassenden Integration entsprechender Initiativen statt. Welche Besonderheiten bringt die Anwendung von Big Data im Bereich Profifußball mit sich und was sind Möglichkeiten bzw. Grenzen?

Autor:

Simon Probst

Im Profifußball wird der technologische Wandel von einer enormen Entwicklung der Umsatzzahlen insbesondere innerhalb des letzten Jahrzehnts – und damit verbunden einer angestrebten Professionalisierung der Vereinsstrukturen – begleitet. In der Praxis haben Vereine bereits seit längerem Big Data Analysen in klassischen Anwendungsbereichen, in denen diese auch außerhalb des Profifußballs Verwendung finden angewendet. Darüber hinaus wird vermehrt versucht neue Wege zu gehen und Big Data zusätzlich im sportlichen Kontext zu integrieren. In diesem Rahmen ergeben sich verschiedene mögliche Anwendungsbereiche.

Der Profifußball ist innerhalb der letzten Jahrzehnte physisch intensiver und gleichzeitig taktisch komplexer geworden (Blut & Blut, 2015). Um die Athleten bestmöglich auf die Anforderungsprofile vorzubereiten, werden diese heute von einem Stab von Experten betreut. Zu diesen gehören neben der medizinischen Abteilung, den Physiotherapeuten, den Fitness-, Technik- und Individualtrainern, im Regelfall auch Ernährungsberater und Psychologen. Zusätzlich wird nun versucht durch Big Data-Technologien die Team- und Spielerperformance zu verbessern.

Da die Leistung eines Teams bzw. eines Spielers von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren abhängt stellt sich hier die zentrale Frage, wie Big Data Mehrwert stiften kann und weiterführend, wie gegebenenfalls eine entsprechende Integration aussehen könnte. Zum Zeitpunkt des Verfassens der Arbeit wird in diesem Zusammenhang festgestellt, dass entsprechende Anwendungen nur selten über eine Deskriptive Darstellung verschiedener Performance Indikatoren hinaus gehen. So ergeben sich Anwendungen, welche die Individual- oder Teamperformance in Echtzeit mit Hilfe verschiedener Kennzahlen greifbarer macht. Dementsprechend wird beispielsweise die Laufleistung, die Passgenauigkeit, die Sprinthäufigkeit und Geschwindigkeit gepaart mit verschiedenen anderen Datenpunkten dargestellt. Die Anwendungen gehen allerdings nur in Ausnahmefällen über die einfache Darstellung verschiedener Metriken heraus. So werden entsprechende Anwendungen vorrangig integriert, um eine insgesamt objektivierte Entscheidungsfindung im Bereich der Team- und Spielerperformance zu unterstützen. Die Daten liefern zwar Anhaltspunkte, anhand derer die Entscheidungen angepasst werden können, allerdings lässt sich deren Integration im Entscheidungsprozess als unterstützend charakterisieren.

In diesem Zusammenhang ist der Hauptvorteil von Daten, dass sich Entscheidungen stärker objektivieren lassen. Das Verhältnis von Intuition und datengetriebener Entscheidungsfindung ist in den meisten Fällen aber maximal als ausgeglichen zu bewerten, tendenziell fallen Entscheidungen nach wie vor eher auf Intuitionsbasis. Datenanalysen greifen in den wenigsten Fällen einer Entscheidung vorweg und liefern keinesfalls klare Handlungsanweisungen.

Ein möglicher Erklärungsansatz für die vergleichsweise geringe Reichweite der Datenintegration wäre, dass in vielen Bereichen valide, allgemeingültige Key Performance Indikatoren fehlen. Die Ergebnisse der Big Data-Anwendungen liefern so zwar Anhaltspunkte; nur in den seltensten Fällen lassen sich allerdings allgemeingültige Indikatoren ermitteln, die einen Entscheidungsprozess vollständig abbilden und somit eine automatisierte Entscheidung ermöglichen können. Die zumindest derzeit noch fehlende Fähigkeit der Vereine, derartige Indikatoren wissenschaftlich zu entwickeln, könnte den hohen Anteil von Intuition und Subjektivität im Entscheidungsprozess begründen.

Nichtsdestotrotz wurde das Potential entsprechender Lösungen erkannt und viele Vereine arbeiten an der Weiterentwicklung des Statusquo, um sich durch Innovationen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. So entwickelte beispielsweise der Deutsche Fußball Bund in Zusammenarbeit mit SAP eine spezifische BigData-Software-Lösung für die Weltmeisterschaft 2014. Die Zusammenarbeit verlief so erfolgreich, dass sich beide Parteien zu einer längerfristigen Zusammenarbeit entschlossen. Teammanager Oliver Bierhoff gibt zwar zu verstehen, dass man mit der Technologie noch am Anfang stehe, prognostiziert ihr aber großes Potential (Bayer, 2014). Gelingt es, die aktuellen Integrationsansätze wissenschaftlich weiterzuentwickeln und valide Indikatoren zu formulieren, so könnte die Technologie, in den nächsten Jahrzehnten ein fester Bestandteil jeder Profi-Fußballmannschaft werden. Die technischen Voraussetzungen sind heute bereits vorhanden und entsprechende Technologien einsatzbereit; nun ist die Umsetzung so zu gestalten, dass ein tatsächlich wettbewerbsrelevanter Mehrwert generiert werden kann.